TRIPOL ambivalenzen 2.0 2016

Ausstellung ‚ambivalenzen 2.0‘ der Künstlergruppe TRIPOL im Zehnthaus in Jockgrim am 20.03.2016 eröffnet

Marita Mattheck, Jürgen Hatzenbühler und ich zeigten bis zum 17.04.2016 im gesamten Haus in kleineren und größeren Räumen, teils geschlossen, teils zu anderen Räumen hin geöffnet, auf insgesamt vier Stockwerken Zeichnung, Malerei, Fotografie, Druckgrafik sowie dreidimensionale Objekte. Feierlich eröffnet wurde die Ausstellung nach der Begrüßung von Wolfgang Nolting, dem ersten Vorsitzenden des Kunst- und Kulturvereins Zehnthaus Jockgrim, mit einer Einführungsrede von Reinhold Weinmann, M.A. mult., Inhaber und Kurator der Galerie Grandel Mannheim, durch die wir drei Künstler vertreten sind. Er stellte die drei unterschiedlichen Gestaltungsstrategien anhand einzelner in der Ausstellung vertretenen Exponate so heraus, dass Besucher und Betrachter einen erweiterten Zugang zu den Werken erhalten konnten. Allen drei Künstlern gemeinsam war es, und das hatten wir in mehreren Kunst-Camps im vergangenen wie im beginnenden Jahr im Austausch erarbeitet, mit den jeweiligen Arbeiten konkret auf die spezielle Raumsituation einzugehen.

Ein für mich, wie für meine Kollegin und meinen Kollegen, ganz besonderes Erlebnis im Rahmen dieser Vernissage war es, dass der Musiker Knut Maurer sich durch unsere Arbeiten zu jeweils einer Komposition inspirieren lies und diese zwischen den Reden präsentierte. Etwas Typisches, Sichtbares als Merkmal einer bestimmten künstlerischen Gestaltung im Zwei- wie im Dreidimensionalen fand für mich die adäquate Entsprechung im Klang und der Präsentationsweise. Die eine Ausdrucksform wurde durch eine weitere ergänzt, die Intention innerhalb zweier künstlerischer Mittel für alle, die an diesem Morgen im Zehnthaus waren, nachvollziehbar: ein Geschenk innerhalb der Möglichkeiten von Erleben von Kunst.

Wie es sich bei meinen Arbeiten bereits in der Ausstellung ambivalenzen 1.0 und in den darauffolgeneden Atelierphasen zeigte, ist das Buch, der Werkstoff Papier und der jeweilige Präsentationsort Kern der verschiedenen raumbezogenen Obkjekte.

Jutaku, Serie aus 10 Hängeobjekten, 02-2016, Büttenpapier, Tusche, Cut-out, Holzraster, Baumwollgarn, je ca. 20 x 20 x 20 cm

Mit Jutaku nehme ich Bezug auf zeitgenössische japanische Architektur und so schwebten 10 innen rot eingefärbte, mit an allen vier Seiten mit Skalpell-Zeichnungen bearbeitete Papier-/Holz-Kuben, die inhaltlich Formenelemente von typischen Gebäuden als Durchblicke zeigten, in einer unregelmäßig in der Höhe angeordneten Reihe von der Schräge einer Wand herab.

 

DKM, Paravent aus 10 Wandelementen, 03-2016, Transparentpapier, Stempeldruck, Holzleisten, Klammern, je Wandelement ca. 100 x 200 cm

 

DKM Raum, 08-2015, Laserprint, Tusche

Der größte Ausstellungs-Raum wurde, in Absprache mit den Kollegen und der Platzierung ihrer Arbeiten, bestimmt mit DKM, einem zehnteiligen Paravant aus Transparentpapierbahnen, auf denen reduzierte Formenfragmente einer wiederum real existierenden Architektur, nämlich einem Museum für Bildende Kunst in Duisburg, in weißer Druckfarbe gestempelt wurden. Der Bezug zum DKM in Duisburg wurde durch die Hängung einer kleinen Raumskizze in der Nachbarschaft zum Objekt hergestellt.

 

Fifth Avenue, fünfteilig, 08-2003, Öl auf Papier, Cut-out, 53 x 103 cm, gerahmt

Die fünfteilige Papier-und Cutout-Serie Fifth Avenue von 2003 zeigte die Anordnung von gleichformatigen Papieren, die zum Teil durch das Schneiden und Tauschen der farbigen Schnitt-Stücke innerhalb der fünf Farbfelder einen geöffneten Raum illusionieren. Die Wahl, diese Arbeit innerhalb der Ausstellung zu präsentieren, lag darin begründet, dass bewußt durch Cutout und ökonomischer Nutzung aller Papierstücke visuell fünf unterschiedliche Raum-Situationen angeboten werden konnten. Hier manifestierte sich ein durchgängiges Gestaltungsprinzip, das in weiteren Objekten seine Fortsetzung erfuhr.

 

Ausschnitt aus geöffnete Blätter, Hängeobjekt, 01-2016, 36 Büttenpapiere, Cut-out, Baumwollgarn, Holzraster, ca. 100 x 100 x 100 cm

 

geöffnete Blätter,Hängeobjekt, 01-2016, 36 Büttenpapiere, Cut-out, Baumwollgarn, Holzraster, ca. 100 x 100 x 100 cm

Das Hängeobjekt geöffnete Blätter bediente den Innen- wie den Außenraum. Durch Einschnitte, die an aufgefaltete Buchseiten oder aber auch an Hausdächer erinnern, sah das Auge Durchblicke, abstrakte Leerflächen, angeschnittene Formen, Linienbündel, Teile des Hänge-Rasters, sowie an den Wänden Schatten von alldem. Die kleinste Bewegung im Raum, ein Luftzug ließen die Blätter tanzen, Bewegung wurde immanent, dauernde Veränderung ist das Konzept.

 

Vorderseite Tag und Nacht, Vorhang aus 25 vernähten Briefumschlägen, 03-2016, Transparentpapier, Tonpapier, Baumwollgarn, ca. 250 x 120 cm

 

Rückseite Tag und Nacht, Vorhang aus 25 vernähten Briefumschlägen, 03-2016, Transparentpapier, Tonpapier, Baumwollgarn, ca. 250 x 120 cm

Licht und Dunkel, Leere und Fülle, Vorne und Hinten waren Begriffe, die den Vorhang Tag und Nacht definierten. Wieder dem ökonomischen Prinzip folgend, keine Papierausschnitte zu verlieren, sondern alles zu verwenden, wurden beide Seiten innerhalb eines Umschlags an exakt der selben Position durch Form oder Leerform gestaltet. Hätte man das weiße Zwischenblatt, auf dem alle Auschnitte je nach Anordnung beiseitig fixiert wurden, durch ein durchsichtiges Blatt ersetzt, hätte man keine Einschnitte und Formentrennung wahrnehmen können. Ausgang war wieder, wie in anderen Arbeiten auch verwendet, die Raumskizze des DKM.

 

In den Vitrinen Künstlerbücher

 

Details aus Künstlerbüchern

Das Herzstück der eigenen künstlerischen Arbeit, das Entwickeln aller Ideen findet statt im Buch. So war es für mich eine besondere Freude, dass neun meiner derzeitigen Bücher in Einzelseiten in Vitrinen gezeigt werden konnten. Ein jedes Buch folgt einer bestimmten Gestaltungsidee, einer bestimmten Strategie. So gibt es Bücher, die im Einsatz eines bestimmten Materials begrenzt sind, oder die Bildideen zu einem speziellen Thema in sich versammeln. Die meisten Bücher sind nicht fertig und werden, je nach Lust oder inhaltlichem Bezug wieder aufgegriffen und weiter bearbeitet. Oft dienen sie auch, eine Ordnung innerhalb des Ideenreichtums zu schaffen, eine Sortierung der inneren Bilder vorzunehmen, zu einem persönlichen Nachschlagewerk zu werden. Ein großes Vergnügen war es für mich und die Besucher, als ich einige meiner Bücher aus den Vitrinen holte und vor den Betrachtern aufblätterte.

 

Denkarium, Serie aus 10 Raummodellen, 03-2016, MDF-Platten, geschnitzt, Druckfarbe, je ca. 35 x 35 x 15 cm

 

Detail aus Denkarium, Serie aus 10 Raummodellen, 03-2016, MDF-Platten, geschnitzt, Druckfarbe, je ca. 35 x 35 x 15 cm

Im obersten Ausstellungsraum verließen alle drei Künstler die klassische Präsentationsform an der Wand oder von der Decke. So konnten 10 Raummodelle aus dem Denkarium wie Stolpersteine auf den Boden gestellt werden. Um alle Seiten der einzelnen Modelle zu erblicken, mußte man sich durch die ‚Modellstadt‘ bewegen, sie durchlaufen. das aber auch wiederum vorsichtig, um nicht zu fallen, oder etwas zu verletzten. Die Wände der Modelle erinnerten an Druckstöcke aus dem Holzdruckverfahren. Deshalb wurde die Weißfärbung auch mit Druckfarbe vorgenommen. Die Muster und Strukturen sind Zutate aus den eigenen Büchern, ausgewählt auf Grund der in der Ausstellung verwendeten Formensprache, quasi wie ein Verweis auf den Übergang vom Zweidimensionalen zum Dreidimensionalen. Zeichnungen auf Papier werden zu tragenden Wänden im konkreten Raum.

Zur Ausstellung erschien ein Katalog, der bei den Künstlern angefordert werden kann.